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Infrastruktur hilft, das Publikum in Euphorie zu versetzen

Spektakuläre neue Bühnen für das Lowlands Festival
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Das Sommerfestival-Business ist enorm in Bewegung. Trendsetter wie Glastonbury (Großbritannien) und Tomorrowland (Belgien) gehen längst über das übliche Organisieren von Konzerten hinaus: Sie wollen „unvergessliche Erfahrungen in einer Atmosphäre der Freiheit und der weltweiten Eintracht“ erzeugen. In diesem Geist wird die Bühneninfrastruktur immer wichtiger, um das Publikum anzulocken und zu begeistern. Ein ausgezeichnetes Beispiel hierfür ist das Lowlands Festival in Biddinghuizen (Niederlande), das die Massen 2017 mit zwei neuen spektakulären Hauptbühnen begeisterte.

In seiner heutigen Form entstand Lowlands 1993 und war eines der ersten Grüne-Wiese-Sommerfestivals des europäischen Kontinents mit dem Angebot eines Rundumerlebnisses über mehrere Tage hinweg. Das dreitägige Festival wird als „Campingausflug zum Lowlands-Paradies“ vermarktet. Es präsentiert Musik und andere darstellende Künste auf nicht weniger als zehn Bühnen mit jeweils eigener Atmosphäre und Prägung. Eintrittskarten müssen für das komplette Programm gekauft werden, deshalb bleiben die meisten Besucher drei Tage und übernachten in Zelten auf dem nahen Campingplatz. Im Laufe der Jahre war das Konzept enorm erfolgreich und seine 55.000 Tickets sind regelmäßig ausverkauft. Allerdings gingen die Kartenverkäufe 2015 deutlich zurück. Das löste eine umfassende Überarbeitung der Festivalinfrastruktur aus, die dem Erlebnis neues Leben einhauchen und neue Publikumsschichten anlocken sollte.

Ersatz für das altgediente Zelt

Hier kam Stageco ins Spiel, der Weltmarktführer bei Design, Konstruktion und Montage der Infrastruktur für Konzerttourneen von Spitzenkünstlern wie Beyoncé, Robbie Williams, The Rolling Stones, Bruce Springsteen, U2, Coldplay und vielen anderen. Das Unternehmen wurde aufgefordert, die neuen Bühnen „Alpha“ und „Bravo“ zu entwickeln, die Hauptbühnen bei Lowlands. Die neue Alpha-Konstruktion sollte das alte zirkusähnliche Zelt ersetzen, das mehr als 20 Jahre gute Dienste geleistet hatte. Dirk De Decker, Director International Projects bei Stageco, erinnert sich an die Herausforderung: „Die Idee war, die bisherige Kapazität mehr als zu verdoppeln, sodass zum Abschluss jedes Tages 30-40.000 Menschen, die aus jedem Blickwinkel uneingeschränkte Sicht haben, die Festival-Headliner genießen können.“

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Hervorragende Sicht aus jedem Blickwinkel

„Ein typisches Festivalzelt kam nicht infrage“, sagt De Decker, „also entwickelten wir eine halboffene Struktur aus neun Bögen im Abstand von 9,5 Metern, die ohne zusätzliche, die freie Sicht der Besucher störende Masten 65 Meter überspannen. Dieses Zelt ist hinten und an den Seiten offen, sodass auch die Menschen außerhalb des überdachten Bereichs hervorragend sehen.“

„Für die Konstruktion war das eine ziemliche Herausforderung, weil die Struktur Seitenwinde von 25 m/s aushalten sollte. Und das umso mehr, weil ein großer Teil der Bühnenausrüstung aus Gründen der Flexibilität an den Zeltstreben befestigt wird. Eine Konsequenz war, dass das Zelt nicht wie normalerweise im Festivalzeltbau üblich auf mobilen Bodenplatten aufgebaut werden konnte. Wegen der einwirkenden beträchtlichen Kräfte mussten wir ein Raster permanenter Fundamente anlegen. (siehe auch „Durch die Hölle für fünf Minuten Ruhm“)

Wichtigster Aspekt ist die Atmosphäre, die wir im Inneren erzeugen, denn das Publikum erwartet etwas Außergewöhnliches

Eine grandiose Szene

Die neue Bühne „Bravo“ war ebenso wichtig für die Zukunft des Festivals. „Historisch gesehen war sie die Lowlands-Bühne für Tanz- und Hiphop-Acts, diente aber in den letzten Jahren auch für Rockkonzerte“, erläutert De Decker.

„Shows auf der Bravo-Bühne laufen bis 04:30 Uhr morgens und ein großer Schwerpunkt liegt auf visuellen Effekten. Daher ist ein mobiler, auf allen Seiten geschlossener Veranstaltungsort für 10.000 Besucher notwendig. Wichtigster Aspekt ist die Atmosphäre, die wir im Inneren erzeugen, denn das Publikum erwartet etwas Außergewöhnliches. Das ist uns gelungen. Wir entwarfen ein Kreuzgewölbe, bei dem jede Längsachse 40 Meter lang ist, und dessen Inneres einen überwältigen Eindruck bietet – ein spektakulärer Hintergrund für die großartigsten Lichtshows, die Sie je gesehen haben. Dieses Gewölbe macht die traditionelle Eröffnung von Lowlands – eine „Silent Disco“, bei der zu Musik über Kopfhörer getanzt wird – noch verrückter denn je. Bei Kritikern und Publikum regnete es von allen Seiten schwärmerische Kommentare.“

Durch die Hölle für fünf Minuten Ruhm

Die Bühnen „Alpha“ und „Bravo“ stellten Stageco vor eine ziemliche Herausforderung. „Bei der Bühne „Alpha“ betraten wir in mehrerlei Hinsicht Neuland“, erläutert Dirk De Decker. „Insbesondere die Fundamente, bei denen Beton und Stahl kombiniert werden mussten – eine Technik, die uns bei unseren Projekten selten begegnet. Aber für unseren Konstruktionspartner TCS war das angesichts seiner Erfahrung im Industriebau keine große Sache.“

Das größte Kopfzerbrechen bereitete uns das Projekt „Bravo“. „Die Idee eines doppelten Gewölbes sah auf den ersten Blick unkompliziert aus“, sagt De Decker. „Schließlich bauen die Menschen derartige Strukturen seit dem Mittelalter. Aber hier handelte es sich um ein mobiles Bauwerk aus Stahl, das jedes Jahr montiert und demontiert werden muss. Sobald wir mit der Konstruktionsarbeit begonnen hatten, wurde uns klar, wie schwierig es werden sollte, das Kreuzgewölbe mit seinen extrem komplexen Stahlverbindungen zu entwickeln.“

„Die Unterhaltungsindustrie fordert uns immer bis zum Äußersten, deshalb entwickelt man eine ziemlich waghalsige Einstellung und schlägt die verwegensten Entwürfe vor. Aber mal ehrlich, es gab einen Zeitpunkt, an dem ich fürchtete, dass wir uns bei diesem Projekt zu weit aus dem Fenster gelehnt hätten. Zwei Monate vor dem Termin schoben wir ganz schön Panik. Wir sind sozusagen durch die Hölle gegangen. Aber nur, bis uns die TCS-Ingenieure wieder einmal mit ihren genialen Ideen überraschten. Das reichte für fünf Minuten Ruhm. Fantastisch.“

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Spezifikationen 

Alle Zeltbauteile wurden so entwickelt und hergestellt, dass sie zwischen den Zeltstützen ausgetauscht werden können. Die Konstruktion wurde auch so optimiert, dass sie möglichst platzsparend transportiert werden kann.

Zelt „Alpha“:

  • 68 Tonnen Stahl
  • 927 Bauteile
  • Studie der Fundamente unter Verwendung der FiniteElemente-Methode

Zelt „Bravo“:

  • 75 Tonnen Stahl
  • 500 Bauteile

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